Tumormarker: Krebszellen hinterlassen Spuren im Blut

 

Dank molekularbiologischer Krebsforschung lassen sich im Blut von Krebspatienten zahlreiche Stoffe nachweisen, die die Tumorzellen selbst bilden oder deren Bildung sie anregen. Wissenschaftler und Ärzte setzten lange Zeit große Hoffnungen darauf, für jede Krebsart eine charakteristische Substanz zu finden, ein einfacher Bluttest wäre so zum "Krebstest" geworden.

 

Diese Erwartungen haben sich nicht erfüllt. Im Gegenteil: Internationale Experten schätzen den Stellenwert von Tumormarkern heute bei weitem nicht mehr so hoch ein wie noch vor einigen Jahren. Die meisten Marker sind eben doch nicht spezifisch für eine bestimmte Erkrankung, viele treten zum Beispiel auch bei Entzündungen im Blut auf. Aus dem Bluttest allein lässt sich Krebs deshalb nicht feststellen. Welchen Stellenwert Tumormarker heute haben, hat der Krebsinformationsdienst hier zusammengestellt.

 

 

Was sind Tumormarker?

Der Begriff "Marker" steht allgemein für Merkmale, die auf etwas ganz Bestimmtes hinweisen. Tumormarker sind demnach Merkmale, die auf eine Geschwulst hindeuten. Bei diesen körpereigenen Stoffen handelt es sich meist um Zucker-Eiweiß-Moleküle. Sind sie im Blut oder in anderen Körperflüssigkeiten erstmals oder in größerer Menge nachweisbar, zeigen sie gemäß der medizinischen Definition das Vorhandensein oder den Verlauf einer Tumorerkrankung an.

 

Tumormarker sind entweder Bestandteile der Krebszellen selbst – in diesem Fall sprechen die Fachleute von "Tumorantigenen" – oder aber vom Tumor oder vom gesunden Gewebe als Reaktion auf die Krebszellen direkt oder indirekt gebildete Stoffwechselprodukte, zum Beispiel Enzyme oder Hormone. Im weiteren Sinn zählen auch nachweisbare Form-, Zahl- oder Mengenveränderungen der Erbsubstanz oder bestimmter Körpereiweiße zu den Tumormarkern. Solche Merkmale spielen beispielsweise in der Leukämiediagnostik eine Rolle.

 

Die meisten der Substanzen, die die Mediziner als Tumormarker einsetzen, treten gelöst in Körperflüssigkeiten auf, sie werden als humorale Tumormarker bezeichnet (von lat. humor = Flüssigkeit). Einige Markersubstanzen finden sich aber auch in oder auf Zellen (zelluläre Tumormarker).

 

 

Wann ist die Bestimmung von Tumormarkern sinnvoll?

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Die Bestimmung von Tumormarkern ist bis auf wenige Ausnahmen auf die Therapiebegleitung und Verlaufskontrolle von Krebserkrankungen beschränkt. Und dies auch nur da, wo geeignete, aussagekräftige Marker existieren. Im Idealfall weist ein jeweiliger Tumormarker eindeutig auf eine bestimmte Krebsart hin. Diese Situation ist allerdings nur selten gegeben. Bei manchen systemischen, also nicht organbezogenen Krebserkrankungen wie Leukämien oder Lymphomen sind bestimmte Eiweißstoffe im Blut typische Krankheitsmerkmale. Tumormarker im eigentlichen Sinn sind in der überwiegenden Mehrzahl aber eben nicht jeweils spezifisch für eine bestimmte Krebsart: Ihr Auftreten oder ihr Anstieg können ein Anzeichen für verschiedene Tumor-, aber auch für Nichttumorerkrankungen sein, möglicherweise aber auch ganz andere, harmlose Ursachen haben. Noch dazu existieren bei weitem nicht für alle Krebsarten Tumormarker.

 

Tumormarker geben nicht unbedingt Sicherheit

 

Von Tumormarkern versprachen sich Fachleute lange ein schonendes und relativ kostengünstiges Diagnoseverfahren. Es mag zwar attraktiv erscheinen, routinemäßige Kontrollen der Tumormarkerwerte auch "zur Vorsorge" einzusetzen oder damit einen bestehenden Verdacht auf eine Tumorerkrankung frühzeitig zu klären. Arzt und Patient sollten jedoch immer die Folgen durchdenken, die sich aus einem positiven oder falsch positiven Befund ergeben können. Denn allein schon aus technischen Gründen ist kein Nachweisverfahren hundertprozentig eindeutig, und häufig zieht eine Tumormarkerbestimmung weitere eventuell sehr belastende Untersuchungen nach sich.

 

Immer Konsequenzen bedenken

 

Im Mittelpunkt steht die Frage, welchen Informationsgewinn das Ergebnis solcher Tests liefert und ob sich daraus Konsequenzen für eine weitere Behandlung des Patienten ergeben. Ein erhöhter Tumormarkerwert allein mit geringer Aussagekraft, der möglicherweise sogar aufgrund eines Laborfehlers irrtümlich zustande gekommen ist, belastet die Betroffenen unnötig. Schon aus diesem Grund verlassen sich die Ärzte für die Diagnosestellung und Therapieplanung nicht nur auf die Tumormarkerbestimmung. Sie müssen auch im Bereich der Therapiebegleitung und Nachsorge immer andere Methoden wie klinische Untersuchung, Biopsien oder bildgebende Verfahren wie Endoskopie, Computertomographie oder Magnetresonanztomographie mit heranziehen, um Diagnose- und Therapiefehler zu vermeiden.

 

 

Eignen sich Marker zur Krebsfrüherkennung?

Die allermeisten Tumormarker sind nicht spezifisch für eine bestimmte Krebserkrankung. Sie können zum einen bei verschiedenen Krebsarten, zum anderen auch bei einer Reihe gutartiger Erkrankungen erhöhte Werte aufweisen. Deshalb lässt der alleinige Nachweis eines Markers im Blut auch keinen eindeutigen Rückschluss auf das Vorliegen eines bösartigen Tumors zu. Zur Frühdiagnose von Krebserkrankungen, etwa im Rahmen von Reihenuntersuchungen gesunder, beschwerdefreier Personen sind Tumormarker deshalb nicht geeignet. Das gesetzliche Programm zur Früherkennung von Krebs enthält demzufolge keine Tumormarkerbestimmungen.

 

 

Wie werden Tumormarker gemessen?

Tumormarker lassen sich aus einer vergleichsweise geringen Blutmenge bestimmen. Eine Blutabnahme aus der Vene reicht, sie kann der betreuende Haus- oder Facharzt in der Praxis vornehmen. Wie lange die Bestimmung dauert, bis die Ergebnisse vorliegen, hängt vom jeweiligen Test ab und davon, ob die Blutproben in ein Speziallabor eingeschickt werden müssen. Zur Bestimmung von Tumormarkern stehen heute standardisierte Testverfahren zur Verfügung, die als "Sets" oder "Kits" von der Industrie angeboten werden. Fachlabors verwenden bei mehreren Messungen immer Produkte des gleichen Herstellers, da ansonsten Schwankungen die Ergebnisse verfälschen können. Patienten, bei denen in großem zeitlichem Abstand Tumormarkerwerte gemessen wurden, können aus diesem Grund auch ältere Befunde nicht ohne weiteres mit aktuellen Daten vergleichen.

 

 

Welches sind die wichtigsten Tumormarker?

Für einige der häufigeren Krebserkrankungen gibt es Marker, die in der nachfolgenden Übersicht zusammengestellt sind. Es werden jeweils die Tumoren genannt, bei denen eine Bestimmung des entsprechenden Markers nach heutigem Wissen sinnvoll sein kann.

 

Ob die gemessenen Werte als unbedeutend oder relevant einzuschätzen sind, kann nur im Kontext durch den behandelnden Arzt entschieden werden. Auch das durchführende Labor kann Angaben zu Richtwerten machen, da solche Aussagen bis zu einem gewissen Grad vom verwendeten Test abhängig sind. Mit dem Arzt muss auch besprochen werden, wann und vor welchem Hintergrund die Werte überhaupt gemessen werden sollten.

 

 

CEA:

Die wichtigste Rolle spielt die CEA-Bestimmung bei Dickdarm- und Enddarmkrebs.

Zellen, die CEA (engl. "carcino-embryonic antigen" = karzinoembryonales Antigen) bilden, bauen dieses Zucker-Eiweiß-Molekül in ihre Zellwand ein und geben es auch ins Blut ab. Der Marker ist somit sowohl auf Zellen als auch in Körperflüssigkeiten nachweisbar. CEA gehört zu den drei einsetzbaren Tumormarkern bei der Diagnosestellung von Tumoren des Dickdarms, des Magens, der Lunge, der Bauchspeicheldrüse, der Speiseröhre und der Schilddrüse sowie von Brustkrebs. Gutartige Erkrankungen, die oft mit einer CEA-Erhöhung einhergehen, sind Entzündungen von Leber, Bauchspeicheldrüse, Darm (Colitis ulcerosa, Divertikulitis), Magen und Lunge sowie die vor allem alkoholbedingte Leberzirrhose. Auch bei starken Rauchern sind die Werte manchmal auffällig hoch. Bei dauerhaft erhöhten Werten ist allerdings die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein bösartiger Tumor dafür verantwortlich ist.

 

Die wichtigste Rolle spielt die CEA-Bestimmung bei Dickdarm- und Enddarmkrebs. Einigen Studien zufolge weist ein CEA-Anstieg in der Verlaufskontrolle und im Rahmen der Nachsorge wesentlich empfindlicher und früher auf ein neuerliches Tumorwachstum am Operationsort oder auf Metastasen in anderen Organen hin als Computertomographie- und Ultraschalluntersuchungen oder Darmspiegelungen. Daher empfehlen amerikanische (ASCO, American Society of Clinical Oncology; www.asco.org) und Europäische (EGTM,European Group on Tumour Markers; egtm.eu) Leitlinien zur Nachsorge die Bestimmung des CEA-Wertes alle zwei bis drei Monate in den ersten zwei Jahren. Doch andere Studien kamen zu gegenteiligen Ergebnissen. Beigelegt ist die Diskussion noch nicht. Die deutschen Verantwortlichen für die von der Deutschen Krebsgesellschaft herausgegebene Leitlinie Kolonkarzinom schätzen den Stellenwert der CEA-Bestimmung geringer ein und geben derzeit nach fortgeschrittenen Erkrankungen in den ersten beiden Jahren halbjährliche statt vierteljährliche Bestimmungsintervalle vor, ebenso beim Rektumkarzinom. Eine weitere Rolle spielt CEA neben anderen Markern für die Verlaufskontrolle und, in Einzelfällen, für die Diagnose beim medullären Schilddrüsen- sowie beim Magenkarzinom.

 

 

CA 15-3

Erhöhte Werte von CA 15-3 (engl. "cancer antigen" = Krebsantigen), eines Zucker-Eiweiß-Moleküls, sind bei Brust- und Eierstockkrebs zu finden. Gutartige Erkrankungen, in deren Verlauf die CA 15-3-Werte ebenfalls ansteigen können, sind Hepatitis (Leberentzündung), Leberzirrhose, Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung) sowie entzündliche Erkrankungen der Lunge und des Magen-Darm-Trakts. CA 15-3 hat seine größte Bedeutung in der Verlaufskontrolle bei Brustkrebs. Die Höhe der Werte steht recht gut in Beziehung mit der Krankheitsaktivität und lässt auch eine Abgrenzung gegenüber gutartigen Erkrankungen der weiblichen Brust zu. Nach der 2004 von deutschen Fachgesellschaften herausgegebenen Leitlinie Brustkrebs (www.senologie.org) ist der Einsatz der CA 15-3-Bestimmung allerdings Patientinnen vorbehalten, bei denen der Krebs bereits Metastasen gestreut hat.

 

 

CA 125

Auch CA 125 ist ein Zucker-Eiweiß-Molekül, das als Tumormarker beim Eierstockkrebs große Bedeutung hat. In der Verlaufskontrolle weisen Erhöhungen der Werte mit relativ hoher Sicherheit auf ein Rezidiv oder auf Metastasen hin. Deutsche Krebsexperten haben sich deshalb 2003 in einer Leitlinie zur Therapie des Eierstockkrebses (www.krebsgesellschaft.de/download/e4_maligneovarialtumoren.pdf) darauf geeinigt, bei normalen CA 125-Werten sowie unauffälligem klinischem und laborchemischem Befund routinemäßige aufwändige Untersuchungen, etwa mittels Computertomographie für verzichtbar zu erklären. Neben anderen gynäkologischen Tumoren gehen auch Krebserkrankungen der Bauchspeicheldrüse und des Gallengangs gehäuft mit erhöhten CA 125-Werten einher, ohne dass hier der Tumormarker den Stellenwert wie beim Eierstockkrebs hat. Gutartige Erkrankungen, bei denen ebenfalls der CA 125-Wert erhöht sein kann, sind Leberzirrhose, akute Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung), akute Cholezystitis (Gallenblasenentzündung) sowie gutartige gynäkologische Erkrankungen oder Entzündungen.